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Mittwoch, 01 Februar 2017 14:58

Exponat des Monats Februar

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Exponat des Monats Februar

Wolfhagen in einer Ansicht aus dem Jahr 1646

von Bernd Klinkhardt

Eine der bekanntesten älteren Ansichten der Stadt Wolfhagen bietet der Kupferstich von Matthäus Merian, dem bedeutendsten Kupferstecher und Verleger des 17. Jahrhunderts. Erstmals war er 1646 in einem der Hauptwerke von Merian, der „Topographia Germaniae“ (1642-54), abgebildet.

Es enthält zahlreiche Ansichten und kurze Beschreibungen sowie jeweils eine knappe Darstellung der Geschichte von Städten, Dörfern, Burgen, Schlössern und Klöstern des ehemaligen Deutschen Reiches. Die Größe des Kupferstichs, der in der Stadenabteilung des Regionalmuseums gezeigt wird, beträgt nur 16 x 11 cm. Der Kupferstich mit der Ansicht von Wolfhagen basiert bis ins Detail auf Kupferstichvorlagen von Wilhelm Dilich (1605) und Eberhard Kieser in Daniel Meisners „Schatzkästlein“(1627). Auch die Blickrichtung ist die gleiche. Ihre erstmals realistische Darstellung wird von Merian noch verfeinert. Der Blick richtet sich von Norden, vom Teichberg - heute oberhalb der Apfeltrift -, auf die Stadt.
Sie ist eingebettet in die Landschaft mit ihren Burgruinen. Im Vordergrund sieht man ein leicht stilisiertes Berggelände. Die Stadt liegt auf einem Bergrücken, dessen Nordseite ein größerer Teich (heute Park) und ein Bach abgrenzen. Im Westen sind noch Teile der Vorstadt zu sehen. Im Südwesten ragt der Weidelsberg mit der Ruine Weidelsburg aus der Landschaft. Im Südosten bildet der Isthaberg ein markantes Zeichen der Landschaft. Nordöstlich vom Isthaberg ist ein Turmrest der Burgruine Helfenberg zu sehen. Am linken Bildrand lässt sich noch der Burghasunger Tafelberg mit dem mächtigen Klosterturm und Klostergebäuden erkennen. Die Stadt lehnt sich im Westen an die Vorburg mit ihren Burgmannenhäusern, rechts daneben sieht man die Kernburg auf dem Hagenberg.

Burg und Stadt sind von einer Mauer umgeben, deren oberer Abschluss noch den einstigen überdachten Wehrgang erahnen lässt. Etwa in der Mitte der nördlichen Stadtmauer ist das Teichtor  mit dem über ihm hoch aufragenden Turm zu erkennen. Ihm ist ein weiterer Torbau vorgelagert. Links daneben am Mühlenbach steht die große Teichmühle. Der Schützeberger Torturm hebt sich links an der Ostseite der Stadtmauer heraus. Weiter rechts neben ihm ragt ein Stadtmauerturm empor. In der Verlängerung nach rechts ist der Turm des „Neuen Stadttores“ zu sehen. Im Südwesten der Stadtmauer erkennt man das Hagen- oder „Bürgertor“. An der nordwestlichen Stadtmauer zwischen Teichtor und Hagentor sind zwei weitere Mauertürme eingebaut. Geduckt hinter der schützenden Stadtmauer stehen dicht gedrängt die zahlreichen Häuser der Stadt. Eindrucksvoll ragt von den Gebäuden die Kirche mit ihrem sehr hohen Kirchturm heraus. Links von der Kirche ist das Rathaus mit dem auffällig gestalteten Dach zu erkennen.

Zwischen der Kirche und dem Neuen Tor (Südostseite) ist ein Steinhaus, die „Knakenburg“ (stattdessen später Amtsgerichtsgebäude), zu sehen, das einst dem Kloster Hasungen gehörte und in dem nach der Reformation (1527) der letzte Abt des Klosters wohnte. Erkennbar hinter der Spitze des Teichtorturmes ist ein weiteres Steinhaus, wo sich heute Kino und Restaurant in der Schützebergerstraße befinden. Bei aller topographischen Genauigkeit kam es auch Merian wie schon seinen Vorgängern nicht nur auf eine detailgetreue Wiedergabe an, sondern darauf, das Charakteristische von der Stadt Wolfhagen herauszustellen. Die Stadt präsentiert sich nach wie vor als „Munitio“ (starke Festung), auf die die hessischen Landgrafen großen Wert legten. Die zeichnerische Überhöhung der Torbauten und der Kernburg lassen den Festungscharakter deutlich erkennen. Hinter der der Stadt zugewandten fast neuzeitlichen festungsmäßigen Burgmauer mit dem auffällig übergroßen Burgtor (heute Tor im Museumsgebäude) ragt noch der ursprüngliche mittelalterliche Bergfried empor. Er wurde bereits 1606 wegen Einsturzgefahr abgetragen. Ihm gegenüber auf der Westseite ist auf der äußersten Spitze des Hagenberges gerade noch der landgräfliche Schlossbau zu erkennen. Ein geplanter Schlossneubau scheiterte wegen des 30-jährigen Krieges. Das Hauptanliegen von Merian aber war, vor dem Hintergrund der Zerstörung durch den 30-jährigen Krieg, von Menschen geschaffene Werke für die Nachwelt zu bewahren, zerstörte notfalls wiederherzustellen oder sie zumindest im Gedächtnis zu behalten.

Weitere Informationen: Regionalmuseum Wolfhager Land, 05692/992431, www.regionalmuseum-wolfhager-land.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung.

 

 

 

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